Vom Alpenrand zum Nordseestrand – Deutschland in 400 Landkreisen
Als ich in den Anfangszeiten meiner Geocacher-Karriere zum ersten Mal ausführlich meine Statistiken begutachtete, ist mir sofort die Karte mit den Deutschen Landkreisen ins Auge gefallen. „Cool, wofür es alles eine Statistik gibt“, dachte ich mir. Schnell fand ich auch den ein oder anderen Challenge-Cache, mit der Aufgabe, in jedem Landkreis einen Cache zu finden.
Ganz Deutschland einzufärben – das hörte sich wie eine unlösbare Aufgabe an, denn die 400 Landkreise becacht man nicht mal so nebenbei. Doch ich nahm diese Herausforderung an – und machte mich auf den langen Weg, die Deutschlandkarte einzufärben.
Seitdem habe ich zahlreiche Orte kennengelernt, die der Durchschnittsdeutsche nur von der Landkarte kennt, oder noch nicht mal davon. Was als persönliche Herausforderung begann, wurde zu einer Reise, an die ich mich immer erinnern werde, weil sie für viele tolle Erlebnisse in fremden, aber doch heimischen Gefilden gesorgt hat. Mit diesem Artikel möchte ich euch von der Planung und Durchführung der Landkreis-Challenge erzählen und was ich auf dem Weg zur Erfüllung alles erlebt habe.
Ein paar Landkreise in der näheren Homezone waren schon gefüllt, als ich auf die Challenge aufmerksam wurde. Die ersten Landkreise außerhalb des eigenen Bundeslandes füllte ich auf Urlaubsreisen, dienstlichen Fahrten oder bei Geocaching-Ausflügen mit Freunden. Schnell stellte ich fest, dass ich auch so nicht wirklich an mein Ziel komme, da so nur die gefahrene Route und das Reiseziel grün wird, wenn überhaupt.
Schnell entstanden Lücken auf der Karte, in die man so schnell nicht wieder hinkommt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich vielleicht 100 Landkreise becacht – quer über die Republik verteilt. Das war zwar insofern schön, als dass ich schon viel von Deutschland sehen konnte, aber für die Erfüllung der Challenge war diese Variante nicht zielführend, oder ich hätte wahrscheinlich noch viele Jahre mehr gebraucht.
Dann kam das Jahr 2020 – wir alle wissen, was das bedeutete. Auslandsreisen waren nicht mehr möglich, und auch innerhalb Deutschlands war alles sehr eingeschränkt. Hotels waren geschlossen, sogar auf Campingplätzen waren keine Übernachtungen möglich. Als Cacher ist man ja immer einfallsreich, also nutzten meine Partnerin (die ich mit der Challenge angesteckt habe) und ich eine Lücke im System und wir machten uns mit dem Dachzelt auf dem Auto auf den Weg. Dies wurde die erste von vielen „Landkreistouren“ und sie führte uns durch Rheinland-Pfalz und das Saarland. Eigentlich wollten wir auch gleich den Länderpunkt Luxemburg mit einsammeln – doch Pustekuchen, auch diese Grenze wurde einen Tag vor der Tour geschlossen.
Auf dieser Tour erlebten wir die ersten Herausforderungen – zu voll geplante Tage, schlechtes Wetter, DNFs. Das waren alles Faktoren, die in den Planungen der nächsten Touren eine Rolle spielten und die wir ab sofort zum Großteil vermeiden konnten – bis auf das schlechte Wetter 😉
Bei der Planung halfen uns Tools wie Google Maps oder andere Routenplaner, um die besten Routen zu finden, Project-GC, GSAK und geocaching.com für die Caches und natürlich diverse Buchungsportale für die Unterkünfte, wenn wir nicht gerade mit dem Dachzelt unterwegs waren.
Beim Planen der Touren achteten wir also ab sofort auf eine nicht allzu lange Fahrzeit pro Tag (maximal 6 Stunden), qualitative Caches mit hoher Fundwahrscheinlichkeit, Zeit für Sehenswürdigkeiten und touristische Aktivitäten abseits von Geocaching. Die Unterkünfte wählten wir so, dass sie nah an der Route lagen, aber doch so, dass man am Ende eines Cachetages zu Fuß das jeweilige Tagesziel erkunden konnte, inklusive der dortigen regionstypischen Küche.
Mit diesem selbst erlernten Wissen im Gepäck ging es also an die Planung der nächsten Tour durch den Osten der Republik, die uns dank wieder geöffneter Grenze nach Polen auch noch einen Länderpunkt und eine Fahrt bis zur polnisch-russischen Grenze ermöglichte. Nach dem Besuch in Polen und einwöchigem Urlaub auf Usedom becachten wir auf dem Heimweg noch ein paar Landkreise an der deutschen Ostseeküste sowie große Teile Brandenburgs.




Doch vor diesem Urlaub nutzten wir einen vor der Haustür liegenden Challenge-Cache „Thüringen in 24 Stunden“ noch, um das erlernte Wissen gleich wieder über Bord zu werfen und eine etwas extremere Landkreis-Einsammel-Runde zu unternehmen. Thüringen war somit in unter 12 Stunden erledigt.
Im gleichen Jahr entdeckten befreundete Cacher eine ähnliche Challenge in NRW – jedoch mussten hier zur Erfüllung der Challenge innerhalb von 24 Stunden gleich alle 53 Landkreise becacht werden. Da mittlerweile keine Aufgabe mehr zu groß erschien, ging es auch hier an die Planung und schließlich erfolgreiche Umsetzung.
Am Ende hatten wir diese 53 Kreise innerhalb von etwas mehr als 22 Stunden in der Tasche und somit wieder einen großen Schritt getan. Außer Caches und Straße haben wir hier nicht viel vom Bundesland gesehen, das muss man zugeben. Das war dann aber auch das letzte Bundesland, bei dem wir uns für so eine Challenge entschieden.
Diese Challenges hinterließen einige Spuren auf der Karte, sodass am Ende des Jahres 2020 schon über die Hälfte der 400 Landkreise in einem saftigen Grün erstrahlten.
Die meisten unbesuchten Landkreise und somit der größte „weiße Fleck“ auf der Karte war nun Bayern. Das flächenmäßig größte Bundesland war für eine 24-Stunden-Challenge nicht geeignet und so wurde sowohl für Bayern als auch für den unbecachten Rest der Republik beschlossen: Das werden verlängerte Wochenend-Touren. Ab diesem Punkt wurde wieder auf die selbst auferlegte Planungsrichtlinie geachtet und die übrigen ca. 200 Landkreise in kleine, mehrtägige Häppchen geteilt.
Dabei entstanden folgende Routen:
1. Westniedersachsen mit Bremen
2. Einmal rund um Baden-Württemberg inkl. West-Bayern
3. Stuttgart und Umgebung (Zentral-Baden-Württemberg)
4. Oberpfalz und Niederbayern
5. Franken
6. Oberbayern
7. Schleswig-Holstein & Hamburg


Jede dieser Touren hatte ihren eigenen Charme:
An der Nordseeküste ließen wir uns zum Jahreswechsel starken Wind um die Nase wehen, konnten uns aber dann bei Ostfriesentee aufwärmen.
In Baden-Württemberg waren wieder mit dem Dachzelt und es regnete jeden Tag, wir konnten aber trotzdem das „Ländle“ und die dortige Gastlichkeit genießen – vom Schwarzwald bis zum Bodensee.
Auf dem Städtetrip nach Stuttgart und Umgebung konnten wir erneut die Schönheit des Schwabenlands entdecken – ob Weinberge am Neckar oder niedliche kleine Städte.
Niederbayern und die Oberpfalz erlebten wir auf der Rückfahrt vom Balkan-Roadtrip. Hier erwartete uns die Donau und typisch bayrische Gastlichkeit.
Die Landkreise in Franken besuchten wir im verschneiten Winter und besuchten ein paar Weihnachtsmärkte in Innenstädten voller Fachwerkhäuser.
Auf unserem Trip nach Oberbayern konnten wir die Alpen, tolle Seen und viele Kühe bestaunen. Außerdem war ein Besuch auf dem Münchner Oktoberfest Teil des Programms.
Die letzte Tour nach Norddeutschland war vom Besuch in Hamburg und wieder starkem Wind an Nord-& Ostseeküste geprägt.
Nachdem wir auf der letzten Tour in Hamburg das typische Touri-Programm (Miniatur Wunderland, Hafenrundfahrt, Reeperbahn) abgespult hatten, ging es am darauffolgenden Sonntag zum großen Finale:
Der letzte Landkreis – Uelzen
Nach unzähligen Kilometern (es müssen irgendwas zwischen 15000 und 20000 km gewesen sein, schätzungsweise), 12 Jahren Cacher-Dasein, vielen Nächten weg von Daheim, Temperaturen von -12° bis +33°, Caches im Schnee der Mittelgebirge und im Sand der Dünen am Meer, im Dunkeln und im Hellen, war es nun endlich soweit: An diesem Tag überquerten wir um 12:34 Uhr die Grenze zum Landkreis Uelzen in Niedersachsen – dem letzten von 400 Landkreisen.
Nun waren es nur noch ein paar Kilometer bis zum letzten Cache, der nun dafür sorgte, dass alle Deutschen Landkreise auf der Karte eingefärbt waren.
Für diesen großen und lange herbeigesehnten Meilenstein wurde noch einmal ein besonderer Cache ausgewählt – ein Tradi aus dem Jahr 2003 an alten „Königsgräbern“ aus der Jungsteinzeit.

Der Cache war schnell gefunden und die Freude groß, es nun endlich geschafft zu haben. Wir verweilten noch eine Weile am Ort des letzten Funds, ehe wir die Fahrt in Richtung Heimat fortsetzten.
Mit dem letzten Fund im Landkreis Uelzen endete eine Reise, die nicht nur die Karte einfärbte, sondern auch unvergessliche Erlebnisse, neue Orte und coole Funde mit sich brachte. Dieser Moment war der krönende Abschluss einer Challenge, die für immer einen besonderen Platz in meinem Cacher-Herzen haben wird und von der ich noch lange erzählen werde.